Projekte erfolgreich steuern – ein Interview zum Thema „Machtgerangel der Bereichsleiter“ mit Herrn Dr. Martin Moss anhand eines realen Praxisbeispiels.
Dr. Martin Moss:
Es handelte sich hierbei um ein Organisationsprojekt. Ein großes Unternehmen wollte seine IT outsourcen. Dabei sollte der Prozess im Service auf Service Level Agreements umgestellt werden.
Der verantwortliche Projektleiter hat mehrmals beobachtet, dass vier Bereichsleiter, von denen er dringend Informationen für sein Projekt benötigte immer wieder in Detaildiskussion verfielen. Dadurch stockte das Projekt.
Dr. Martin Moss:
Die vier Bereichsleiter saßen zusammen und haben über technische Details immer wieder sehr intensiv diskutiert. Das Problem für den Projektleiter war ganz klar die Zeit.
Die Zeit lief ihm dadurch davon und zwar ohne dass er die benötigten Informationen aus den Bereichen bekommen hat, die er benötigte. Und genau das war die Herausforderung für die ich in dieses Projekt hinzu gezogen wurde.
Dr. Martin Moss:
Meine eigens entwickelte Projektsteuerungsmethode „Bridging for Motivation“ besteht 3 Schritten. Diese sind das Erkennen der vorhandenen Symptome, deren Entschlüssen und der Einsatz einer praktikablen Lösung. Damit ist es möglich herauszufinden, was im Projekt los ist, warum es so ist, und vor allem – wie es gelöst werden kann.
Der Projektleiter in diesem Projekt hatte das Gefühl, dass er den Bereichsleitern gegenüberstand und er konnte sie, egal was er machte, nicht dazu bewegen in Richtung des Projektziels mitzuarbeiten.
Um eine effektive Projektsteuerung aufzusetzen und genau diese Herausforderung schnell zu lösen, haben wir uns gemeinsam alle Symptome angeschaut.
Dr. Martin Moss:
Ich habe das erste Symptom schon erwähnt. Es gab sehr viele Diskussionen, die immer wieder sehr technisch waren, egal wie sie im Detail aussahen und welcher Punkt diskutiert wurde. Es war auffällig, dass die Diskussionen sehr schnell sehr technisch wurden.
Zudem erstaunte uns, dass sehr sanft diskutiert wurde, es wurde nie laut, es war jederzeit eine freundliche Atmosphäre. Und doch hat man sich nie verständigen können.
Es wurde dann auch ersichtlich, dass die Zuordnung der Techniken zu den verschiedenen Bereichen nicht klar geklärt wurde.
Und genau aus diesem Grund haben die Bereichsleiter aus ihrer Sicht nicht die Unterstützung, nicht die Informationen geben können, die das Projekt benötigt hätte, um weiter voranzugehen.
Und genau das war das Problem. Wir hatten erkannt, dass es endlose Diskussion gab, und wir mussten nun verstehen aus welchem Grund die vier Bereichsleiter diese Diskussionen derart exzessive durchgeführt haben.
Dr. Martin Moss:
Wir haben die eben erwähnten Symptome genommen und haben damit unsere Ursachenanalyse durchgeführt. Das Ergebnis dieser Analyse deutete darauf hin, dass es hier ein Machtgerangel gab.
Der Grund war ganz einfach. Die vier Bereichsleiter hatten erkannt, dass die technische Zulieferung fremd vergeben wurde. Das hieß ganz konkret, dass sie in der Zukunft für Service Levels verantwortlich sein würden. Und hier gab es eine klare Annahme: je mehr Service Level Agreements in einem Bereich sind desto mehr Macht hat der Bereichsleiter.
Und sicherlich gab es auch die Überlegung, was passieren könnte, wenn man „zu wenig“ Service Level Agreements in seinem Bereich und in seiner Verantwortung hat.
Und genau hier war die Ursache zu finden, denn kein Bereichsleiter wollte etwas abgeben. Natürlich konnte und wollte keiner das Thema offen ansprechen. Aus diesem Grund wollte jeder den anderen mit technischen Gründen überzeugen, dass so viele Service Levels wie möglich in seinen eigenen Bereich gehören.
Dr. Martin Moss:
Die Lösung, die sie jetzt hier lesen, ist ganz speziell für dieses Projekt entwickelt worden.
In diesem Projekt war es nicht geplant, die Service Levels auf die Bereiche aufzuteilen. Das war kein Bestandteil des Projektes und sollte erst zu einem anderen Zeitpunkt vom Vorstand geregelt werden.
Wir gingen deswegen sehr pragmatisch vor. Meine Empfehlung an den Projektleiter war folgende. Er sollte jedem Bereichsleiter eine Beschreibung geben, welche Aktivitäten und Informationen das Projekt von ihm benötigte.
Jeder Bereichsleiter hat dann eine ganz klare Aufgabenbeschreibung bekommen, was man von seinem Bereich erwartet.Natürlich haben wir diese Aufgabenbeschreibung auch für den Projektleiter erstellt. Alle Beteiligten haben dann die Beschreibung vorab zur Information bekommen und konnten ihre Änderungswünsche einbringen.
Im nächsten Treffen hat dann der Projektleiter vor den Augen der Fachbereichsleiter seine eigene Aufgabenbeschreibung unterschrieben. Damit hatte er ihnen das Wort gegeben, dass er eben seine Ziele erreichen wird, und hat die Bereichsleiter darum gebeten, dass sie ihre Projektaufgabe mit den darin identifizierten Zielen ebenfalls unterschreiben.
Die rechtliche Bindung – darum ging es gar nicht, die gab es auch nicht. Was erreicht werden sollte, war, dass die vier Bereichsleiter sich auf Augenhöhe dem Projektziel „verpflichten“.
Somit war jedem einzelnen von ihnen klar: „das machen wir in diesem Projekt, das sind die Ziele des Projektes und das steuern wir zu diesem Projekt bei. Ich gebe meine Unterschrift ab – mein Wort.“
Das hatten die Bereichsleiter noch nie gemacht. Es war auch ein bisschen Fleißaufgabe das richtig vorzubereiten. So einfach ging es auch nicht, aber, am Ende war es dann so, das sie es akzeptiert und unterschrieben haben. Und in diesem Moment haben die technischen Detaildiskussionen dann auch aufgehört.
Dr. Martin Moss:
Die vier Bereichsleiter hatten die Aufgaben unterschrieben und die technischen Detaildiskussionen haben daraufhin aufgehört. Sie haben verstanden, dass wir nicht das Ziel hatten, die Service Level Agreements den einzelnen Bereichen zuzuordnen.
Es wurde ihnen klar, dass sie hier nichts zu verlieren hatten und daher haben sie bereitwillig ihre Informationen und Aktivitäten beigetragen.
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